Ausland

Australien – ein Land der Extreme

Ein braungebrannter Beachboy, der aus den blauen Wellen steigt, sein Surfboard in der Hand. Dahinter tummelt sich ein Hai im Wasser. Am Strand sonnen sich schlanke Mädels, während ein Känguru über die Straße hoppelt. Am Wegrand findet man eine fünf Meter lange Schlange, in den Hausecken verstecken sich hochgiftige Spinnen.

Ungefähr solche Bilder erscheinen in den Köpfen der meisten Menschen, die noch nie selbst in Australien waren. Alles versucht dich zu töten (seit neuestem sogar die Erdbeeren), erwürgen oder erschlagen – Selbstmordkommando „Down Under“?

Naja, was soll ich sagen – I’m still alive!

Um ehrlich zu sein, habe ich einige Zeit gebraucht, um mich so richtig auf Australien einzustellen und die Schönheit des Landes genießen zu können. Von Asien kommend war natürlich der Kulturschock ziemlich groß – was mir jedoch am meisten zu schaffen machte, war das neue Preisniveau. Von Kambodscha, wo ich noch bei zwei Dollar für den 45-minütigen Weg verhandelte, nach Down Under mit 20 Dollar (nix da verhandeln!) pro Person für den offiziellen Flughafenbus. Das ist eine komplett andere Welt! Ob beim Transport, bei den Lebensmitteln oder den Restaurantpreisen – ich musste mich daran erst wieder gewöhnen.

Ganz anders ist auch der Flair in den Hostels, es gibt riesige Unterschiede zu Südostasien (nicht nur preisliche). In Australien gibt es meist große Gemeinschaftsräume und Küchen, die abends gestopft voll sind und wo man um Pfannen und Geschirr kämpfen muss. Das Leben ist sicher etwas mühevoller, man muss sich selbst versorgen, einkaufen und die Lebensmittel in den sogenannten „Foodbags“ von Ort zu Ort schleppen. Aber man fühlt sich schneller ein bisschen einheimisch, ans Kochen gewöhnt man sich eh (beziehungsweise ich hab mich nach drei Monaten schon richtig darauf gefreut!) und da lernt man am besten neue Leute kennen.
Und von wegen täglich Pasta oder Fertiggerichte – wir haben immer sehr leckere Dinge zubereitet, trotz knappem Budget! Lena entdeckte ihre Vorliebe für Erdnussbutter und ich begann Avocados zu lieben, vor allem, weil sie so günstig und gut waren!

Eine Sache, die für mich zuerst ganz anders war als erwartet, war das Kennenlernen von anderen BackpackerInnen. Zu mir meinte jeder davor „Ah Australien, da lernst du ja Leute am laufendem Band kennen, ganz easy und perfekt zum alleine reisen“ – und in den ersten Tagen zweifelte ich sehr an diesen Aussagen. Ich war froh, nicht alleine dort zu sein, denn irgendwie fand ich es viel schwerer als in Asien andere kennenzulernen. Viele sind mit dem Work and Travel-Visum in Australien, bleiben dann logischerweise länger an einem Ort und haben dort auch schon ihre ArbeitskollegInnen und Freunde. Da waren wir, die nach kurzer Zeit immer wieder weiterreisten, natürlich nicht so interessant. Ein harter Kontrast zu den asiatischen Ländern, wo du mit vielen dann sogar gemeinsam ein paar Inseln abklapperst oder neue Locations auscheckst. Vielleicht hatten wir aber auch einfach Pech in Melbourne, denn danach lernten wir immer wieder einige kennen. Vor allem auf den Touren hatten wir immer coole Gruppen und haben ein paar gute Freunde gewonnen.
Als Startland einer Soloreise muss ich jedoch ehrlich zugeben, fände ich persönlich ein Land in Südostasien besser geeignet.

Was mir die allgemeine Umstellung ziemlich erleichtert hat, waren die Menschen. 95 % der Aussies sind, genau wie oft klischeehaft dargestellt, mega freundlich und hilfsbereit sowie gut gelaunt. „Hey, how are yaa?“ konnte ich schon nach dem ersten Tag auswendig, so oft hört man diese Begrüßung. Vielleicht liegt es an der vielen Sonne, der Nähe zum Meer oder den warmen Temperaturen (meistens zumindest), aber in Australien fanden wir überall offene Menschen, warme Herzen und sehr viel Menschlichkeit, so blöd es auch klingen mag.

Extrem waren für mich die Distanzen zwischen den verschiedenen Orten. Eine zwölf Stunden Busfahrt ist anfangs brutal, nach der dritten hast du dich schon dran gewöhnt und nach einiger Zeit sind vierstündige Fahrten grad kurz. Doch wen wundert das eigentlich – das Land ist gleichzeitig ein ganzer Kontinent! Dieser Fakt geriet auch bei mir öfters in Vergessenheit, ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass fast ganz Europa drin Platz hätte – und um von Frankreich nach Estland zu gelangen, müsste man auch einige Stunden im Auto sitzen.

Was mich aber dazu brachte, diesen Blogbeitrag mit dem Ausdruck „Das Land der Extreme“ zu betiteln, ist die unglaubliche Naturvielfalt des Landes (oder Kontinents?). Obwohl wir nur die Ostküste bereist haben, obwohl wir so viele schöne Flecken nicht gesehen haben und obwohl – oder gerade, weil – ich unbedingt nochmal zurückwill, um den Rest zu sehen, kann ich sagen, dass Australiens Landschaften extrem sind. Extrem unterschiedlich, extrem farbenintensiv, extrem gefährlich teilweise, aber vor allem extrem schön. Von den unnatürlich weißen Stränden der Whitsundays über das satte Grün der tropischen Regenwälder bei Cairns bis hin zum klaren Wasser des Lake McKenzies – diese Liste könnte ewig weitergehen. Die Steilküste der Great Ocean Road, der wunderbare Sonnenaufgang bei Byron Bay, die riesige Sanddüne bei Rainbow Beach und der atemberaubende Sternenhimmel über Fraser Island.

Ihr merkt schon, ich könnte noch tausende Dinge aufzählen und Stunden lang darüberschreiben. Aber ich glaube, das reicht jetzt mal – oder ihr macht euch einfach selbst ein Bild davon?

aha-Tipp

In unserer aha Home Edition – welt weit weg erzählen Jugendliche von ihren Auslandserfahrungen und ihren Erlebnissen bei Weltreisen oder beim ESK-Freiwilligendienst. Alle Termine findest du unter www.aha.or.at/aha-home-edition-wwweg