AuslandESK-Freiwilligendienst

ESK-Freiwilligendienst in Paris

Auch ich wollte, wie viele andere, nach der Matura die große weite Welt entdecken und raus aus meiner gewohnten Umgebung, dem schönsten Dorf im Bregenzerwald – Schwarzenberg. Da ich aber nicht einfach „nur reisen“, sondern für längere Zeit im Ausland leben wollte, um dadurch eine neue Sprache zu lernen, entschied ich mich für einen ESK-Freiwilligendienst. Nach dem ersten Info-Abend im aha Dornbirn war mir bereits klar: Das muss ich machen. Also begann ich mit meiner Suche nach Projekten und wurde nach kurzer Zeit fündig. Das „Centre information et documentation jeunesse“, ein Jugendinformationszentrum in Paris, wählte mich nach einem Skype-Interview als Freiwilligen aus. So hieß es am 1. Oktober für mich also ab nach Paris!

Untergebracht war ich in einem kleinen 9 m² Zimmer mit Bad, das Teil des „Foyer des jeunes travailleurs, étudiants et stagiaires Didot“ ist, in dem Studierende und junge Arbeitende für Pariser Verhältnisse „relativ billig“ wohnen können. Das Wohnheim lag im 14. Arrondissement, südlich der Seine. Durch das tägliche gemeinsame Abendessen in der Kantine, das fast alle Bewohner des Foyers in Anspruch nahmen, fiel es mir sehr leicht, Anschluss zu finden und Freundschaften zu schließen. Gleich am ersten Wochenende durfte ich das Nachtleben von Paris kennenlernen, das sich doch sehr deutlich von meinen bisherigen Ausgeh-Erlebnissen im Bregenzerwald unterschied. Ohne Taxi Veli, überfüllte Nachtbusse oder nächtliche Wanderungen, dafür mit leererem Geldbeutel als im Bregenzerwald, brachte mich mein neuer Freund, die Metro, auch zu bereits früher Stunde noch in mein neues Zuhause. Für einen „Wälder“ wie mich, der nach 22 Uhr nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nachhause kommt, ein Kulturschock besonderer Art. Da ich das Glück hatte, hauptsächlich französischsprachige Freunde zu haben, fing ich nach anfänglichen Startschwierigkeiten, die mit „Frenglisch“ überbrückt wurden, an, Witze zu verstehen und alltägliche Konversationen zu führen.

Meine Arbeit im Jugendinfozentrum war sehr abwechslungsreich. Ich unterstützte meine Arbeitskollegen dabei, Workshops zum Europäischen Solidaritätskorps zu organisieren und leitete zwei Mal die Woche einen Englisch-Club mit bis zu sechs Jugendlichen, die Englisch neu lernen, oder ihr Niveau einfach verbessern wollten. Zusätzlich intervenierte ich bei verschiedensten Workshops, wie auch an der berühmten Pariser Universität, der Sorbonne, zu den verschiedenen Möglichkeiten des Freiwilligendienstes, um meine bereits gesammelten Erfahrungen mit Jugendlichen zu teilen. Zusammen mit zwei anderen Freiwilligen, die in Vororten von Paris wohnten, arbeitete ich jeden Freitag in einem unserer Jugendinfozentren an gemeinsamen Projekten. Beispielsweise veranstalteten wir zusammen mit Freiwilligen des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) ein Event für Schulklassen anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls in Deutschland.
Ich fühlte mich bei meiner Arbeit von Anfang an sehr wohl, was maßgeblich an meinen vier Mitarbeiterinnen, oder wie ich sie nannte: „mes mamans“, lag. Auch mein Arbeitsplatz erfüllte eines der typischsten Pariser Klischees: der Blick auf den Eiffelturm von meinem Bürotisch aus.

Durch meine angenehmen Arbeitszeiten hatte ich auch unter der Woche viel Freizeit. Nach dem Arbeiten schlenderte ich meistens bis es dunkel wurde herum und ging meiner neuen Leidenschaft, dem Fotografieren nach. Zudem hatte ich die Möglichkeit, weiterhin viel Sport zu betreiben. Ich spielte Volleyball in einer Hobbymannschaft und Fußball in einem Klub meines Quartiers. An Wochenenden ließ ich mir von meinen neuen Freunden, die bereits seit mehreren Jahren in Paris studieren, Paris zeigen. Die Stadt bietet vor allem jungen Menschen mit kleinerem Budget ein vielfältiges Kulturprogramm. Beispielsweise sind alle Museen für unter 26-jährige gratis und in Kinos, Bars und Restaurants gibt es oft Ermäßigungen. Zudem ist die Musikszene in Paris weltweit sehr bekannt. Täglich gibt es in den unzähligen Bars und Clubs der Stadt Konzerte bekannter und auch unbekannter Künstler/Bands aus aller Welt.

Als European Volunteer ist man nie allein. So bildeten sich nach dem ersten Freiwilligen-Seminar viele internationale Freundschaften. Da alle quer durch Frankreich verteilt waren, besuchten wir uns gegenseitig an den Wochenenden und unternahmen Roadtrips wie beispielsweise im November in die Normandie. Im Februar hatte ich sogar noch die Möglichkeit, mit ein paar Freunden nach Grenoble, für eine Woche Skiurlaub, zu fahren. Dies freute mich besonders, weil ich nach meinen Weihnachtsferien, die ich zuhause verbracht hatte, meine Skisaison bereits schon als beendet glaubte. Alle Straßen führen bekanntlich nach Rom.  Alle Züge in Frankreich fahren jedoch nach Paris, so ist es mir zumindest vorgekommen. Eine Tatsache, die sich mir sehr praktisch anbot, um an Wochenenden und Feiertagen kleine Reisen zu unternehmen.

Das alles nahm für mich im März jedoch ein sehr abruptes und unverhofftes Ende. Aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 musste ich mein Projekt und meine Zeit in Paris bis Anfang Juni unterbrechen. Als ich wieder zuhause war, merkte ich, wie sehr mir diese Stadt, die neu dazugewonnenen Freunde und mein Projekt fehlten. Zum Glück hatte ich die Möglichkeit im Juni wieder zurückzukehren, um meinen Freiwilligendienst in Frankreich gebührend abzuschließen. Ich bin, auch wenn mir „nur“ sechs von meinen ursprünglichen neun Monaten geblieben sind, sehr stolz und dankbar, diese wertvollen Erfahrungen und Momente gemacht und erlebt zu haben. Es ist eine Zeit, in der man viel über sich selbst, aber auch über andere lernt. Ich hoffe sehr, dass dieses Privileg, das wir als junge Europäer haben, Teil des Europäischen Solidaritätskorps zu sein, noch lange bestehen bleibt.

aha-Tipp

In unserer aha Home Edition – welt weit weg erzählen Jugendliche von ihren Auslandserfahrungen und ihren Erlebnissen bei Weltreisen oder beim ESK-Freiwilligendienst. Alle Termine findest du unter www.aha.or.at/aha-home-edition-wwweg