Um dem Beginn der kalten Jahreszeit noch ein bisschen zu entfliehen beschlossen wir (mein Lieblingsmensch und ich) bereits im Jänner 2015 im November nach La Réunion zu fliegen und die Insel in Trekkingschuhen zu erkunden. La Réunion liegt im Indischen Ozean, gleich neben Mauritius und Madagaskar, ist in etwa so groß wie Vorarlberg und als französisches Departement quasi EU-Inland. Das Klima ist eher tropisch, wobei der Vulkan im Süden der Insel das Wetter oft stark beeinflusst. Aber genug der faden Daten, Wikipedia weiß dazu so und so Genaueres.
Begeistert teilten wir unser Reisevorhaben im Familien- und Freundeskreis, da dauerte es nicht lange und es klopften bereits die ersten Anschlusswilligen an. Ja, warum eigentlich nicht, machen wir doch ein Gruppenevent daraus, frei nach dem Motto „the more the merrier“. Wie naiv unsere Denkweise doch war.
Um uns (mittlerweile 7-8 Leute) die Planung zu erleichtern, baten wir den Bergführer unseres Vertrauens darum die Trekkingreise zu planen. Der machte sich mit Feuereifer daran und präsentierte uns geschwind ein spannendes, buntes Programm – zumindest am Papier. Dies gefiel nicht nur uns und schwupp-di-wupp lockte es weitere interessierte Inseltrekker an, was unsere Gruppe auf 12 Personen wachsen ließ.
Am 28. Oktober ging es los – nach drei individuellen, relaxten Badetagen, traf sich die gesammelte Trekkinggruppe zum ersten Mal in Hell-Bourg, von wo aus wir den ersten Teil unseres Treks in Angriff nahmen. Was nun folgt ist allerdings kein Reisebericht.
Während den intensiven, abwechslungsreichen vierzehn Tagen im Gebirge, erlebten wir Höhen und Tiefen nicht nur geographisch, sondern besonders als Gruppe. Denn Reisen in der Gruppe kann großen Spaß machen, unterschiedliche Sichtweisen und Themen eröffnen und auf der anderen Seite, aber auch stressig sein und Spannungen hervorrufen, die es offen zu adressieren gilt. Oder auch nicht.
Was mich dazu inspiriert hat 6 Tipps&Tricks aufzulisten, die man beherzigen sollte, wenn man in einer Gruppe reist:
1.Erwartungen, Wahrnehmungen, Realitäten und andere lästige Reisebegleiter
Die meisten Gruppenreisen veröffentlichen bereits im Vorhinein den detaillierten Schlachtplan, sprich du weißt Tag für Tag zu welcher Uhrzeit du dich wo, mit wem, wie lange befindest. Um Missverständnisse, Ungereimtheiten und Änderungswünsche im Vorhinein zu klären, empfehlen sich ein oder mehrere Treffen mit der gesamten Reisegruppe.
Eingeteilt mit dem Alltag, haben wir diese Treffen immer wieder verschoben und dann ganz ausfallen lassen, was ein Fehler war. Denn gerade wenn es sich auch um Leistungserbringung – sprich mehrstündige z.T. anspruchsvolle Wanderungen handelt, sollte jedes Gruppenmitglied noch bevor es losgeht Gehör finden und sein/ihr Verständnis sowie Erwartungen zum Programmplan (Realität vs. Erwartungen im Kopf) darlegen. Unsere Gruppe hätte so noch vor dem Abflug einige Verständnisunterschiede ausmerzen können.
2. Wer ist in der Gruppe?
Nicht immer hat man die Möglichkeit die Reisekompanen in einer Gruppe auszusuchen – aber wenn, dann such dir Leute aus, die mit dir auf einer Wellenlänge schwimmen. Auf einer Reise ergibt es sich ganz natürlich, dass man fast 24/7 aufeinander klebt. Fast nebenbei entdeckst du neue Ticks und Gewohnheiten deiner Mitreisenden, die dich vielleicht anfangen zu nerven. Das ist aber nichts Außergewöhnliches, denn ziemlich wahrscheinlich sind sie auch von deinen Ticks genervt.
Unsere Gruppe setzte sich aus 7 untereinander bekannten Personen (Familie&Freunde) plus 5 vorerst unbekannten Leute zusammen. Natürlich waren die Gesprächs- und Umgangsformen unter Familie & Freunden eine andere, was nicht bedeutet, dass sie weniger herausfordernd waren. Immerhin will man auch nach dem Urlaub noch befreundet sein und Familie wird man so und so nicht wieder los ;). Außerdem teilten wir uns Schlafplätze auf engstem Raum und französische Hütten sind nicht für ihren „Komfort“ bekannt 😉
Nur solltet ihr immer wieder eine gute Basis finden, was mich zum nächsten Punkt bringt:
3. Kommunikation aka Talk it out!
Es kann ja nicht oft genug erwähnt, geschrieben und gesungen werden: Kommunikation ist der Erfolgsschlüssel aller gesunden Beziehungen. Um Spannungen zu entkräften und das allgemeine Wohlbefinden in einer Reisegruppe zu steigern, empfiehlt es sich offen miteinander zu sprechen und das am besten mit den Credos „Speak up but also listen well!“ and „Make sure everyone has a voice – or at least enough air to geht some words in.“ Sowohl die extremen Optimisten als auch unverbesserlichen Pessimisten (aka I-Aah’s der Gruppe) sind hilfreich wenn es ums Planen geht.
Da wir uns mit unterschiedlichen Erwartungen auf diese Reise begaben, fanden wir nach einem anfänglichen Schock „es ist ja ganz anders als ich es im Kopf hatte“ nicht sofort eine gute Gesprächsbasis. Nachdem innerhalb von zwei Tagen lustiger Sarkasmus in grenzwertigen Zynismus umschlug, musste dieses Muster dringend durchbrochen werden und nach einem diskussionsreichen, aber bereinigendem Gespräch mit der ganzen Gruppe wurde eine passende Lösung für alle gefunden.
4. Money, Money, Money
Wenn sich die Gruppe einmal auf eine Destination geeinigt hat, sollte man sich schleunigst über das verfügbare Budget abstimmen. Geld ist ein sensibles Thema und wenn im Vorhinein festgelegt wurde, für welches Level an Luxus jeder bereit ist Geld auszugeben, sind einige Konflikte bereits ausgeschalten. Achtung! Die Ausgaben beziffern – was für den einen leistbar scheint, kann für den anderen zu kostspielig sein. Außerdem empfiehlt es sich einen Gruppenfonds ins Leben zu rufen, in den jeder gleich viel einzahlt und wovon z.B. gemeinsame Taxifahrten bezahlt werden.
In unserem Fall, war Geld spätestens ein Thema als es um unseren Plan B ging, wir mussten eine neue Unterkunft und Aktivitäten organisieren und waren uns nicht sofort einig, wie viel zusätzliches Geld wir nun bereit waren für diesen Planwechsel auszugeben (da die Reise ja so schon in Goldnuggets aufgewogen werden konnte). Nach klaren Kosten-/Nutzen Abwägungen kamen wir aber zu einer zufriedenstellenden Lösung für alle.
5. Hab einen Plan B
Großes Konfliktpotenzial bergen zu enge und dicht gedrängte Zeit/Aktivitätspläne. Auch in kleinen Gruppen ist man niemals so flexibel und beweglich wie alleine (oder maximal zu zweit) und das sollte man keinesfalls aus den Augen verlieren. Gruppen, die sich mit der Fülle an Programmpunkten überfordert fühlen, verlieren schnell die Freude und Motivation, aber Reisen sollte doch Spaß machen und in erster Linie Urlaub sein. Daher ist es wichtig in der Planung flexibel und beweglich zu sein und zu bleiben, einen Plan B parat zu haben (und gelten zu lassen) oder es auch einfach OK zu finden, wenn die Gruppe sich mal aufteilt und einen Nachmittag anders verbringt.
Nach der großen Diskussionsrunde am dritten Tag, war unserer Gruppe schnell klar, dass wir erstens einen guten Plan B brauchen und zweitens als Gruppe nicht mehr Tag & Nacht miteinander verbringen werden. Obwohl es für manche zu Beginn eine unangenehme Situation war, konnten wir durch ein zielführendes Gespräch und besten Réunion Rum schlussendlich alle in bester Laune unsere Reise fortsetzen.
6. Hab deine eigene „must-do/see“ Liste
Reisen und Urlaub kosten oft viel Geld. Außerdem wird Einiges an Vorfreude und Energie in die Vorbereitung gesteckt und daher ist es auch wichtig eine persönliche Liste auf Gruppenreisen dabei zu haben mit den Dingen / Sehenswürdigkeiten die man unbedingt getan und gesehen haben möchte (dieses Wissen kann auch nützlich sein, wenn man in der Gruppe nach Alternativen sucht). Außerdem hilft es wenn man seine eigenen Bedürfnisse gut kennt und wie man diese am besten stillt bzw. mit den vielen anderen Bedürfnissen in Abstimmung bringt. Ebenso wird es in keiner Gruppe jemals Gedankenleser geben, daher sprich laut aus was dir wichtig ist. Wenn ich z.B. bemerke, dass ich schnell genervt bin und ein bisschen mürrisch werde, dann liegt das meistens daran, dass ich Hunger habe 😉
Eine Gruppenreise kann eine tolle Bereicherung für jeden Einzelnen sein: neue Sichtweisen eröffnen sich und Horizonte (ganz zu schweigen von Toleranzgrenzen) werden erweitert (wenn man es denn auch zulässt). Meiner Erfahrung nach ist es einfach wichtig jeden so gelten zu lassen wie er ist und dabei die individuellen Stärken und Talente eines jeden für die ganze Gruppe zu nutzen.
Also wenn du dich mal inmitten einer Gruppenreise wieder findest und versuchst viele verschiedene Interessen und Vorstellungen unter einen Hut zu bekommen, könnten diese 6 Tipps&Tricks vielleicht ein bisschen helfen, das Tempo und den Frieden in der Gruppe zu wahren.
… mein persönliches Resümee? La Réunion ist definitiv eine Reise wert – ob individuell oder in der Gruppe – denn die Insel bietet unglaublich viel Abwechslung, Abenteuer, Kultur und Natur. Allerdings werde ich nicht so schnell wieder in einer Gruppe mit mehr als 6 Personen verreisen (aber sag niemals nie). Allerdings waren im Flugzeug nach Hause die Reibereien eigentlich schon vergessen und im Vordergrund standen die gemeinsamen Erlebnisse, die besonderen Momenten und Eindrücke, die uns lebenslang verbinden werden. Auch jetzt – ein halbes Jahr später – sprechen wir fast ausschließlich über die Highlights und Besonderheiten der Reise. Die Unstimmigkeiten wurden mittlerweile in Insiderjokes verpackt (mit einem Schleifchen und bittersüßen „lessons learned“ drauf) #zirkusflamingo