Meinen 10-monatigen EFD (Europäischer Freiwilligendienst) verbrachte ich in einer kleinen Stadt namens Panevezys in Litauen. Litauen? Wo liegt denn das überhaupt auf der Landkarte? Welche Sprache spricht man dort eigentlich? Genau so ging es mir letzten Sommer auch. Weil ich finde, dass das dringend geändert werden sollte, hier ein „Kulturschnellkurs“ von mir.
1. Wetter
Im Land des Regens Litauen (lietus = Regen) sieht das Wetter doch ein bisschen anders aus als bei uns, vor allem mit dem Winter ist nicht zu spaßen. Als ich mich bei -25° Celsius über den Winter beschwert habe, meinten meine Mitarbeiter bloß, dass dieser Winter ein warmer sei. Die Nacht wird zum Tag und so geht die Sonne um 10 Uhr erst so richtig auf und verabschiedet sich um 4 Uhr nachmittags wieder. Dafür ist dann der Frühling umso schöner, wenn alles zu blühen beginnt und die weiten Wälder langsam wieder grün werden. Allerdings ist das Wetter sehr abwechslungsreich und man weiß nie, ob man jetzt die kurze Hose oder die Winterjacke anziehen soll.
2. Sprache
Die litauische Sprache ist eine der ältesten Sprachen der Welt und auch eine der schwersten. Sie wird von ungefähr 3,2 Millionen Menschen gesprochen. Wie schwer sie zu lernen ist, habe ich selbst zu spüren bekommen. Litauisch ähnelt außer dem Lettischen keiner Sprache so wirklich.
Die Grammatik ist extrem komplex, denn es gibt sieben Fälle. So wird für jede mögliche Situation die Endung anders. Sogar die Namen werden abgewandelt. So wird Justin Bieber zu Justinas Bieberas und Barack Obama zu Barackas Obamas. Wie oft uns dies zum Lachen gebracht hat! Ihre Sprache ist ihnen heilig und so wird kein Wort anglisiert, sie finden lieber für jeden englischen Ausdruck ihre eigene Bezeichnung.
3. Tradition
Tradition spielt in Litauen eine große Rolle und wird sehr groß geschrieben. Hauptsächlich wahrscheinlich auch, weil sie erst seit 1991 unabhängig sind und davor stark unter der Sowjetunion litten. Litauer lieben ihre flachen, weiten, grünen Landschaften, ihr traditionelles Essen, ihre nationalen Tänze, ihre traditionelle Kleidung und alles was sonst noch so dazu gehört.
Alle Naturliebhaber werden in Litauen voll auf ihre Kosten kommen, denn unberührte Natur gibt es ohne Ende. Wälder so weit das Auge reicht, zahlreiche wunderschöne Seen an Plätzen wo man sie nie erwarten würde, Nationalparks und besondere Tiere. Nur eines, was man bei uns überall findet, gibt es nicht: Berge. Der höchste „Berg“ ist nämlich 300 Meter hoch.
Beim Essen spiegelt sich die Vergangenheit Litauens wieder. Viel Fleisch, viele Kartoffeln, viel Fett, Hauptsache Kalorien. Nationalgerichte sind zum Beispiel Cepelinai: gefüllte Kartoffelknödel mit Fleisch oder Hüttenkäse, Pilzsuppe im Brot, bulviniai blynai: Kartoffelpuffer mit Sauerrahm- oder Fleischsauce.
Trotzdem, dass Litauer ihr Essen lieben, sieht man verhältnismäßig wenig übergewichtige Menschen in Litauen. Vor allem Frauen achten sehr stark auf ihr Aussehen und man sieht kaum eine Frau ohne falsche Nägel oder nicht ausgemalten Augenbrauen.
4. Basketball
Litauer bezeichnen Basketball gern als ihre zweite Religion und so haben sie sogar dafür ihr eigenes Wort: Krepšinis.
5. Reisen
Der große Vorteil an den drei baltischen Staaten ist, dass Reisen sehr günstig ist. Dadurch, dass Litauen, Lettland und Estland sehr überschaubare Länder sind, ist es einfach in wenig Zeit viel zu erkunden und viel zu sehen gibt es auf jeden Fall! Fernbusse sind sehr beliebt und fahren alle vorstellbaren Destinationen Europas an. Aber auch Fernreisen sind preisgünstig. So bin ich zum Beispiel für 30 Euro, Billigfluglinien sei Dank, nach Kopenhagen geflogen.
Nie bin ich so viel gereist wie in diesen 10 Monaten und einen EFD zu machen, war wohl einer der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich bin um vieles reicher als zuvor – doch dies ist schwer in Worte zu fassen, mach dir am besten selbst ein Bild davon. 🙂