Als ich letztes Jahr in die Abschlussklasse kam, wurde mir bewusst, dass ich nicht wusste, was ich nachher machen will. Ich wusste nicht genau worin meine Stärken liegen und was meine Schwächen waren. Ich wusste eigentlich nicht viel über mich oder über etwas Anderes wie die Schule Bescheid. Aus diesem Grund entschied ich mich damals ein freiwilliges soziales Jahr zu machen. Ich hatte bereits viel darüber gehört und gelesen und war schon immer sehr an sozialen Berufen interessiert- dies ist jedoch keine Grundvoraussetzung.
Koordiniert vom SCI – Österreich musste ich online ein Projekt suchen, das mich ansprach und mit dieser Organisation dann in Kontakt treten. Ich und meine Freundin entschieden uns für die Rudolf Steiner Organisation in Madrid. Diese beschäftigt sich mit geistig beeinträchtigten Erwachsenen. Wir hatten großes Glück und wurden sofort angenommen. Nach ein paar Vorbereitungskursen und ein bisschen Matura ging es dann im August 2015 in die schöne Hauptstadt Spaniens.
Wir waren überwältigt: Die Gebäude, die vollen Straßen, die wunderschönen Parks und das absolut traumhafte Wetter faszinierten uns beide sehr. Als wir nach ein bisschen Sightseeing endlich die Menschen kennenlernten, mit denen wir arbeiten werden, waren wir ziemlich eingeschüchtert. Alle sprachen ausschließlich Spanisch. Wir mit unserem Schulspanisch hatten also anfangs ziemliche Probleme, sowohl mit unseren Vorgesetzten als auch mit den zu betreuenden Personen. Sie zu verstehen war nicht leicht und wir brauchten eine Weile bis wir richtig kommunizieren konnten. Doch als wir nach einem halben Jahr beinahe perfekt Spanisch sprachen, konnten wir mit den Arbeitern über die Kultur, Politik, das Essen, den Glauben etc. von Spanien sprechen. Unser Fortschritt war unglaublich und wir lernten so viel über die Menschen, über ihre Gewohnheiten, ihre Art zu kommunizieren nur weil wir mit ihnen reden konnten. Wir nahmen an vielen typisch spanischen Veranstaltungen teil, sahen Flamenco-Shows, Paartänze auf den Straßen, Patron-Fest usw.
Gewohnte haben wir in einem Haus mit den Bewohnern der Organisation zusammen und durften beim wöchentlichen Einkauf unser Essen mit in den Einkaufswagen legen. Zudem erhielten wir ein Taschengeld von 105€ im Monat. Insgesamt waren wir sechs Freiwillige. Es gab zwei Häuser, in denen jeweils zwei Freiwillige arbeiteten und eine Werkstatt mit noch einmal zwei Freiwilligen. Die Betreuung vor Ort war ganz gut. Wir lernten viel von den anderen Betreuern und hatten auch einen Supervisor, der uns bei Problemen im Haus etc. half.
Außerdem durften wir viele Menschen aus aller Welt kennenlernen, haben Englisch, Deutsch und Spanisch geredet. Ich konnte auch einiges über mich selber herausfinden, ich hatte viel Zeit über mich nachzudenken und über das, was ich eigentlich will.
Auch mit geistig beeinträchtigten Menschen zu arbeiten war sehr bereichernd. Man lernt, diese Menschen nicht zu bemitleiden, sondern sie zu beneiden. Sie sind glücklich wenn sie ihre Familie sehen, wenn sie spazieren gehen, sie empfinden bei den belanglosesten Aktivitäten Freude. Natürlich sind sie auch schwierig aber sie haben mir eindeutig gezeigt, dass sie genauso behandelt werden wollen wie alle anderen und dass sie es auch verdienen.
Um abzuschließen, das freiwillige soziale Jahr gibt dir viel mehr als du geben kannst. Wir haben gefeiert, genossen und gelebt. Und ich werde dieses Jahr nie vergessen.