Es war eine intensive Zeit – und das meine ich vollkommen positiv. Noch immer schweben meine Gedanken über der Zeit in Peru. Vier Monate lang habe ich in Arequipa, der zweitgrößten Stadt Perus, als Freiwillige in einer Organisation gearbeitet und viel erlebt. HOOP heißt die NGO und das ist die Abkürzung für Helping Overcome Obstacles Peru (auf Deutsch: Helfen Hindernisse in Peru zu bewältigen). Meine Aufgabe war es 3- bis 6-Jährige in Englisch zu unterrichten und noch vieles mehr.
Doch nun noch einmal in chronologischer Reihenfolge:
Als ich an meinem 20. Geburtstag in den Flieger nach Peru stieg, wurde die vorherige völlige Ruhe plötzlich gegen Aufgeregtheit und Neugier ausgetauscht. Ich hatte mich zwar gedanklich gut auf alles vorbereitet, dennoch wusste ich nicht, was wirklich auf mich zukommen würde. Doch nach meiner Ankunft ging alles ganz schnell und wie von selbst. Ich bezog das Zimmer in meinem Gästehaus und traf mich auf einen Kaffee mit meinem Chef. Der erklärte mir die wichtigsten Dinge über das Leben in Arequipa, die ich wissen sollte und kurz darauf stand ich vor der Tür des Büros. Langsam öffnete sie sich und mir blickten mindestens zehn neue Gesichter entgegen, die sich herzlich vorstellten. Von meinem Chef bekam ich eine gründliche Einschulung in Sachen Vorbereitung und Durchführung der Unterrichtsstunden, Erste Hilfe und eine kurze Vorstellung der gesamten Organisation. Neben dem Unterrichten der Kinder in Englisch gibt es nämlich noch viele andere Teilbereiche, die die Arbeit von HOOP abdeckt, wie zum Beispiel:
- psychologische Betreuung durch Einzelgespräche mit den Müttern
- Finanz- und Englischkurse für Mütter
- Sozialarbeiterinnen, die Workshops zu den verschiedensten Themen anbieten
- gratis medizinische Leistungen für die gesamte Bevölkerung in Flora Tristan
- Öffentlichkeitsarbeit
- Mütter konnten ihren Schulabschluss mit HOOP nachholen
Diese Vielschichtigkeit der Arbeit der NGO begeisterte mich von Anfang bis zum Ende. Auch, dass auf die Bedürfnisse und Wünsche der Teilnehmer geachtet wurde und nicht über sie bestimmt wurde, hat mir sehr imponiert.
Schon bald hatte ich einen Alltag aufgebaut auf einem mir zuvor fremden Kontinent mit neuen Freunden und Arbeitskollegen. Es war abenteuerlich und lehrreich, sogar ein normaler Tag im Leben als Freiwillige. Ein typischer Arbeitstag begann mehrmals in der Woche mit zwei Stunden Spanischunterricht am Vormittag, bei dem das Ziel war möglichst schnell die Basics der Sprache zu erlernen, um mich mit meinen SchülerInnen und deren Eltern besser unterhalten zu können. Anschließend ging es für mich ins Büro, wo ich meine Vorbereitung für die Englischstunde schrieb, englische Newsletter ins Deutsche übersetzte oder einfach mit ArbeitskollegInnen diskutierte und meine Materialien für den Unterricht vorbereitete. Nach dem gemeinsamen Mittagessen ging es dann für eine halbe Stunde mit dem Bus in Richtung Stadtrand, was immer ein Abenteuer war, denn das System ist chaotisch, laut und die Busse vollgestopft. Angekommen, bereiteten wir unser Klassenzimmer vor und begrüßten die ersten Kinder. Da ich drei bis sechsjährige Kinder unterrichtete, spielte ich mit ihnen zum Aufwärmen und zur Konzentrationsförderung zuerst ein Spiel im Freien, bevor ich die geplante Stunde abhielt. Diese beinhaltete immer sehr viel Bewegung, Lieder, Spiele und Bilder, um die energiegeladenen Kinder in Schach zu halten, was mir nicht immer völlig gelang. Doch ich konnte dennoch einen großen Fortschritt in ihren Englischkenntnissen erkennen und war stolz und überrascht darüber, dass Kinder im Kindergartenalter eine Zweitsprache spielerisch so einfach erlernen können. In der zweiten Stunde werden den Kindern verschiedene Möglichkeiten angeboten: Sie können sich am Spielplatz austoben, ihre Hausübungen erledigen, das Angebot Bildnerisches Gestalten besuchen, Fußball spielen oder sich gar in der Holzwerkstatt versuchen. Meist wurde ich zur Betreuung auf dem Spielplatz oder beim Bildnerischen Gestalten eingeteilt. HOOP informiert sich auch laufend über aktuelle Bildungsmethoden und so ist es selbstverständlich, dass in jeder vierten Woche eine Projektwoche stattfindet. Über das projektbasierte Lernen entstanden in meiner Klasse Stop-Motion-Filme, Häuser aus Recyclingmaterialien oder auch kleine Booklets über die Familien. Am Ende des Tages ging es bei den unglaublichsten Sonnenuntergängen mit dem Bus wieder in die Stadt zum Gästehaus.
Ausschlaggebend für die Entscheidung für einen sozialen Einsatz waren für mich die Persönlichkeitsentwicklung und der interkulturelle Austausch. Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich definitiv als Mensch weiterentwickelt habe und die Zeit mir einen viel breiteren Blick auf unsere Welt und Gesellschaft ermöglicht hat. Die Welt habe ich zwar nicht gerettet, dennoch konnte ich einen kleinen Unterschied im Leben einiger PeruanerInnen erzielen. Das habe ich realisiert, als mich die Mütter mit tränenden Augen dankend verabschiedet haben und ich von den Kindern strahlend täglich umarmt wurde. Außerdem habe ich unglaublich tolle Menschen kennen und lieben gelernt, mehrere Länder Südamerikas bereist und Erfahrungen gemacht, die ich nicht missen möchte!
Ihr wollt noch mehr über meine Erfahrungen in Peru erfahren? Auf meinem Blog https://the-road-is-my-home.blogspot.com/ gibt es noch viele weitere Infos.