Ausland

Post Matura Stress – Was jetzt? – Irland

Die Matura zu bestehen ist eine großartige Sache – ich bin mir sicher, wir sind uns darüber einig. Endlich sind die langen Stunden im Klassenzimmer vorbei. Mit einer Belohnung für die Arbeit der letzten Wochen, Monate und Jahre in der einen Hand, und einem Glas Sekt in der anderen Hand, stoßen wir auf unseren Erfolg an.

Doch relativ bald stellt sich einem die unumgängliche Frage: Was jetzt? Ich wage zu behaupten, dass ich nicht die Einzige bin, die absolut keine Antwort auf diese Frage finden konnte. Angesichts dessen beschloss ich kurzerhand, mich am Ende des Sommers in ein Flugzeug zu setzen und dieses Land (und die Frage betreffend der Zukunft) vorerst hinter mir zu lassen.

Ich beschloss, nicht nur in ein Land oder eine Stadt zu reisen, denn es gab so viele Orte, die ich sehen wollte, und plötzlich hatte ich Zeit dazu. Ich reiste in die USA, weiter nach Irland, dann nach Portugal, Schottland, England, Tschechien, wieder in die USA, nach Italien, Griechenland und zurück nach Irland.

Natürlich, das hört sich nach einer ganzen Menge an, doch, um ehrlich zu sein, bestand diese Reise aus mehreren Etappen und vielen spontanen Entscheidungen. Im Nachhinein habe ich jetzt das Gefühl, trotz allem noch nicht genug von der Welt gesehen zu haben. Nun möchte ich Ausschnitte aus meinen Erfahrungen mit euch teilen.

Dublin

Mein Flugzeug, natürlich Nobelfluglinie Ryanair, denn als zwischenzeitlich arbeitslose Weltenbummlerin ist Sparen oberstes Gebot, landete in Dublin. Zwei Jahre zuvor hatte ich mein dreimonatiges Sommerpraktikum in Irland gemacht, damals aber im Südwesten der Insel. Jetzt war es an der Zeit, sich die Hauptstadt anzusehen.

Nachdem ich im Hostel eingecheckt hatte, ging es erst einmal auf Nahrungssuche.

Hierbei gibt es in Dublin drei Möglichkeiten:

  1. Tesco – eine eigentlich ganz normale Supermarktkette. Doch es gilt, nicht zu vergessen, dass es, für eine „low budget“ Reise sehr von Vorteil ist, sich sein Essen im Supermarkt zu kaufen.
  2. Eines der zahlreichen Cafés, die verstreut in Dublin alles von Scones bis zum Avocadotoast verkaufen. Fast immer bietet sich dort gratis WIFI an, sowie typisch irischen schwarzen Tee (natürlich mit Milch). Besagter schwarzer Tee wird meistens als ganze Kanne serviert, was ich persönlich, als Teeliebhaberin sehr schätzte.
  3. Pubs. Irland und England sind bekannt für ihre Pubkultur (nicht zu verwechseln mit Popkultur). An beinahe jeder Ecke in Dublin findet sich ein Pub, und obwohl diese meist mit einer herkömmlichen Bar verglichen werden, sind sie weitaus mehr. Der Großteil des sozialen Lebens der Einheimischen spielt sich dort ab. Ein Pub ist Treffpunkt, Restaurant, Konzertsaal, Teehaus und eine Möglichkeit, sich ein Fußballspiel im Fernsehen anzuschauen. Am Nachmittag finden sich dort ganze Familien zum Mittagessen ein, genießen die Kartoffeln (Grundnahrungsmittel Nummer eins in Irland) mit ihren gebackenen Hühnerflügeln (Grundnahrungsmittel Nummer zwei). Die Eltern trinken dazu nicht ungerne ein Bier, nicht selten ein Guinness (Grundnahrungsmittel Nummer drei). Am Abend sorgt Live Musik für gute Stimmung.

An diesem Abend habe ich mich für Nummer drei, das Pub entschieden. Ich schloss mich ein paar Reisenden aus der Jugendherberge an, die sich auf den Weg zu einem Pub Crawl machten. Was das genau war, wusste ich nicht so genau. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass ein Pub Crawl einem ähnlichen Prinzip folgte wie eine Stadtführung, nur eben, dass man hierbei Pubs und Bars von innen zu sehen bekam. Am Ende des Abends hatte ich mindestens 12 neue Leute aus aller Welt kennen gelernt, ein Guinness getrunken und Ofenkartoffeln geschmaust. Außerdem hatte ich das Vergnügen, bei Nacht durch den Stadtteil Temple Bar zu gehen. Der ist nicht nur bekannt für seine vielen Pubs und Cafés sondern auch in jedem Reiseführer zu finden und definitiv einen Abstecher wert. Gepflasterte Straßen und Backsteinhäuser formen Gassen, Musik ertönt aus den Pubs und man fühlt sich beinahe als wäre man hundert Jahre in der Zeit zurückgereist.

Am nächsten Tag habe ich mich auf eine Free Walking Tour begeben. Die sind genau wie ihr Name „free“, beziehungsweise gibt jeder einen freiwilligen Geldbetrag, je nachdem was ihm die Tour wert war und seiner Geldbörse zumutbar ist. In drei Stunden habe ich unfassbar viel über Land, Leute, Geschichte und Geografie erfahren. Geschichten über die englische Besatzung, die Revolution und den Bürgerkrieg, irische Widerstandskämpfer, woher der irische Patriotismus stammt und wieso die katholische Kirche nicht aus dem Leben der meisten Iren weg zu denken ist. Eine riesige Flut an Wissen, das ich anschließend, in einem Café sitzend, in Google nachlesend, weiterverarbeitete.

Auf meinen vorigen Reisen auf die grüne Insel hatte ich einiges in Erfahrung gebracht über die Geschichte Irlands, doch diese Stadtführung brachte mich auf eine ganz neue Fährte. Ich wollte das alte Gefängnis der Stadt sehen. Ein Gefängnis in dem zu Zeiten der Hungersnot (1845-1895) hunderte Männer, Frauen und Kinder durch kleine Verbrechen freiwillig Zuflucht suchten, weil sie nur dort eine Chance auf eine Mahlzeit hatten. Ein Gefängnis im viktorianischen Stil, in dem die Sonne durch die Glasdecke fiel, um die Gefangenen an die Allmacht Gottes zu erinnern. Mein Interesse war mehr als geweckt und ich machte mich auf den Weg zum Kilmainham Goal. Auf dem Weg dorthin habe ich mich mit der Straßenbahn verfahren, mich (ausschließlich zu Orientierungszwecken, nicht um die wahrhaft beste Zitronentart der Welt zu genießen und einen Tee zu trinken) in ein Café gesetzt und mich anschließend im öffentlichen Kunstmuseum der Stadt wiedergefunden. An diesem Punkt wurde „der Weg ist das Ziel“ mein neues Motto. Zum Ziel schaffte ich es trotz alledem irgendwann und wurde dort mit einer großartigen Führung durch die alten Gemäuer geleitet.

Ich könnte noch ewig über Dublin schreiben, über den Fluss Liffy, den Hafen auf der Halbinsel Howth, wo es die besten Fish and Chips der Stadt gibt und ich mir eine Auseinandersetzung mit einer Seemöwe einbrockte, über das sehenswerte Museum im General Post Office und die Tatsache, dass es ein National Leprechaun Museum gibt, was sich wohl in keinem anderen Land etablieren ließe. Ich könnte erzählen von Buchläden und Second Hand Shops, die wahre Schätze bergen und nicht zu vergessen vom Trinity College mit seiner Bibliothek. Ich kann jedem, der gute Stimmung, historische Orte, gutes Bier und großartigen Cider schätzt, der gerne gut isst und Freude daran hat, neue Orte für sich zu entdecken und dabei keine Scheu vor etwas Nieselregen und dem beängstigendem Fahrstil der irischen Autofahrer hat, empfehlen, diese Stadt zu besuchen.