Ging es euch auch schon einmal so, dass ihr Zweifel und Angst vor etwas hattet, ihr aber das Gefühl nicht loswurdet, dass ihr es trotzdem machen müsst? Ungefähr so ging es mir mit meiner Entscheidung, mein Pflichtpraktikum im Ausland zu machen.
Zu Beginn stelle ich mich kurz vor. Mein Name ist Sophia, ich bin 17 Jahre alt und ich besuche die HLW-Marienberg. Im dritten Jahrgang mussten wir ein dreimonatiges Praktikum im Gastgewerbe absolvieren. Man kann sich aussuchen, wo man das Praktikum macht. Es stehen einem sehr viele Möglichkeiten offen und innerhalb der EU wird man vom Erasmus+ Programm gefördert. Natürlich kann man auch in Vorarlberg bleiben. Die Schule hat einige Partnerhotels, wo jedes Jahr Schülerinnen von uns hingehen. Wenn man wollte, konnte man sich aber auch ein ganz neues Hotel suchen.
Ungefähr ein Jahr vor dem Praktikum begannen die Vorbereitungen. Ganz am Anfang war für mich klar, dass ich ins Ausland will – nach Frankeich. Ich habe Französisch in der Schule und das Partnerhotel liegt traumhaft an der Côte d’Azur. Dann begann die Arbeit, Kontakt mit dem Hotel aufnehmen, eine französische Bewerbung, einen französischen Lebenslauf schreiben und vieles mehr. Trotzdem war alles noch so weit weg. Mit Corona war auch nie klar, wie die Situation aussehen wird. Wir mussten damit rechnen, kurz vor knapp eine Absage zu bekommen.
Einige Monate bevor es ernst wurde, bekam ich plötzlich unglaubliche Zweifel. Denn drei Monate sind eine sehr lange Zeit und normalerweise bin ich eine Person, die unfassbar gerne Zuhause ist. Sogar nach einer Woche Urlaub war ich heilfroh endlich wieder in meinem geliebten Zimmer zu sein. Zudem bin ich schon über drei Jahre mit meinem Freund zusammen. Deshalb fragte ich mich: „Wieso tu ich das überhaupt?“ Mich hat die Vorstellung ein Vierteljahr weggehen zu müssen plötzlich nur noch gekränkt. Ich habe unzählige Abende geweint. Ihr müsst wissen, dass ich mit meiner besten Freundin gehen wollte. Wir haben ganz oft geredet, was wir jetzt machen und wir waren echt kurz davor hier zu bleiben. Irgendwie konnten wir es aber auch nicht, wir hatten einfach das Gefühl, wir müssen das durchziehen.
Am Freitag, dem 11. Juni 2021 sind Louisa und ich mit ihrem Vater nach Cogolin losgefahren. Nach ungefähr elf Stunden Autofahrt kamen wir endlich an. Wenig später wurde uns unsere Unterkunft gezeigt, in welcher wir mit drei anderen Praktikantinnen der HLW Rankweil wohnten. Am Anfang schienen sie auch noch ganz nett zu sein, jedoch war es am Schluss sehr mühsam. Denn sie waren oft sehr rücksichtslos.
Auf einem Parkplatz, welcher eine Minute vom Hotel entfernt liegt, standen die Mitarbeiter-Mobile Homes. Wir wohnten eben zu fünft in einem dieser „Bungalows“, welcher für fünf Personen sehr, sehr klein war. Louisa und ich mussten uns ein Fünf-Quadratmeter-Zimmer teilen, da wir aber eh rundum die Uhr unterwegs waren, kamen wir damit klar. Die Unterkunft war klimatisiert, sauber und verfügte über eine kleine Küche.
Die meiste Zeit des Praktikums arbeiteten Louisa und ich von 16 bis 23 Uhr. Wir waren sehr zufrieden mit dieser Schicht, denn wir mochten die Mitarbeiter am Abend sehr und wir konnten immer fein ausschlafen. Außerdem konnten wir bis 16 Uhr auch noch recht viel unternehmen. Ganz oft gingen wir nach dem Arbeiten noch nach Saint-Tropez feiern. Das war wirklich unbeschreiblich, wenn man Vorarlberg gewohnt ist. Wir haben so viele Leute aus der ganzen Welt kennengelernt und haben unzählige unvergessliche Nächte in Saint-Tropez verbracht. Es war zum Teil wirklich wie Urlaub!
Kommen wir zur Arbeit. Eine von uns war immer im Service und die andere in der Küche. In der Küche mussten wir die Vorspeisen zubereiten, welche hauptsächlich verschiedene Salate waren. Wenn viel los war, war es relativ stressig, aber gut machbar. Ich fand es super, dass wir keineswegs ausgenutzt wurden und nicht nur den Abwasch machen mussten. Wenn gerade keine Vorspeisen zu machen waren, halfen wir dem Chefkoch oder bereiteten Sachen für den nächsten Tag vor.
Im Service mussten wir logischerweise die Gerichte servieren, wenn es in der Küche klingelte. Bevor die ersten Gäste kamen, mussten wir immer den ganzen Gastgarten eindecken. Ansonsten waren wir im Service noch für das Anrichten der Desserts zuständig.
Die Stimmung beim Arbeiten empfand ich als sehr angenehm. Es war zwar ernst, aber immer mit Spaß verbunden. Gerade in der Küche wäre ich auch freiwillig länger geblieben, weil es sich einfach nicht nach Arbeit anfühlte. Beide Köche habe ich geliebt! Ganz oft bin ich am Anfang vom Praktikum etwas deprimiert erschienen, einfach weil ich mich noch nicht an all das Fremde gewöhnt hatte. Aber „Pierre“ (einer der Köche) hat mich mit seiner neugierigen Art wirklich immer zum Lachen gebracht! Auch im Service war ich nach einigen Wochen immer voll eingebunden, auch wenn ich oft nur die Hälfte (oder noch weniger) der Gespräche kapiert habe.
Am Anfang war ich schon oftmals überfordert, da ich manchmal nicht verstanden habe, was man von mir wollte. Von Woche zu Woche wurde das aber besser, da man die ausschlaggebenden Wörter irgendwann verstanden hat. Mit uns wurde aber auch viel Englisch gesprochen, einfach, damit wir es zum Beispiel in einer Stresssituation gleich verstehen. Eigentlich ist das ja nicht Sinn der Sache, aber es war manchmal schon fein.
Ich glaube sehr wohl, dass sich mein Französisch verbessert hat, ich habe sehr viele neue Wörter gelernt und hatte gegen Schluss auch das Gefühl, dass ich die Leute viel besser verstehen kann. Wichtig ist, dass man keine Angst davor hat, beim Sprechen Fehler zu machen.
Wir hatten einen Tag in der Woche frei, glücklicherweise auch fast immer zusammen. Ansonsten haben wir immer erst um 16 Uhr begonnen, weswegen wir jeden Tag problemlos etwas unternehmen konnten. Wenn man sich etwas erkundigt, kann man sehr viel machen. Egal ob Tennis spielen, eine Bootstour nach Saint Tropez oder Cannes, in den Freizeitpark gehen…, Louisa und ich waren rund um die Uhr beschäftigt. Das Leben außerhalb der Arbeit war wirklich wahnsinnig, wir hatten jeden Tag um die 30 Grad und konnten selbst unseren Tagesablauf planen.
Trotzdem war es nicht immer perfekt, schließlich hatten wir Corona und somit konnte meine Familie zu dem Zeitpunkt, an dem ihr Urlaub bei mir in der Nähe geplant war, nicht kommen. Glücklicherweise konnten sie den Urlaub einfach um einen Monat nach hinten verschieben. Wir hatten zum Glück auch keine starken Symptome. Allerdings war die Zeit schon sehr zäh, wir mussten im Keller des Hotels leben und bekamen auch nicht sonderlich viel Essen. Es blieb aber nicht bei Corona. Wir waren auch nur 25 Kilometer von einem 3500 Hektar Waldbrand entfernt. Man sah rund um die Uhr Löschflugzeuge und die Luft roch scheußlich, es flog drei Tage lang Asche durch die Luft.
Klar muss man sich es schon gut überlegen, ob man ein Praktikum im Ausland machen will, aber ich bin mir sicher, dass es trotz allen Höhen und Tiefen ein unvergessliches Abenteuer sein wird! Natürlich habe ich meine Freunde, Familie und meinen Freund sehr vermisst. Aber rückblickend war dieses Praktikum die beste Erfahrung in meinem Leben! Ich denke fast täglich an die Zeit! Hiermit ermutige ich alle, sich zu trauen ins Ausland zu gehen. Denn für mich war es wirklich der beste Sommer meines Lebens!
Warst du schon einmal für längere Zeit im Ausland, oder willst du demnächst ins Ausland? Ich freue mich auf eure Rückmeldungen! Gerne beantworte ich noch Fragen!