Über ein Stipendium hatte ich im heurigen Jahr die Möglichkeit einen beliebigen Sprachkurs im Ausland zu besuchen. Dass meine Reise nach Kuba gehen sollte, war eine reine Bauchentscheidung (wenn ich eines gelernt habe, dann, dass Bauchentscheidungen meistens die richtigen Entscheidungen sind) und so flog ich Anfang September für drei Wochen nach Kuba. Fast zeitgleich mit der ersten Maschine von Miami (klingt komisch, ist aber so) landete auch mein Flieger in der Hauptstadt Havanna. Am Flughafen gab es dann auch schon die erste Schulstunde im Fach „Kubanische Mentalität“: Über zwei Stunden am Kofferband warten und gefühlt 1.000 Luftküsschen von kubanischen Männern zugeworfen bekommen: Bienvenidos a Cuba!
Vivir (Wohnen)
Während meiner Sprachreise war ich bei einer Gastfamilie untergebracht, die ich über Airbnb gefunden hatte. Zugegeben, ich war etwas skeptisch, ob das wohl auch so unkompliziert klappen würde, wie es klang – wir hatten uns nämlich nur verabredet und offiziell gebucht war gar nichts. Bei der Casa angekommen wurde ich sehr herzlich von der Großfamilie und Hund Linda begrüßt. Kaum war ich zur Tür rein, hatte ich auch schon einen Mojito in der Hand, und da wusste ich: Das kann nur gut werden! Die Gastfamilie ist mir dann ganz schnell ans Herz gewachsen und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Casas Particulares gibt es auf ganz Kuba und es ist die beste Möglichkeit, wenn man sich ganz auf die Kultur einlassen möchte.
Übrigens: Bei Interesse könnt ihr meine Gastfamilie auf Facebook unter https://www.facebook.com/HostalDMarch1361/?fref=ts kontaktieren. Sie haben ein nettes Zimmer inkl. Frühstück zu vermieten. Und typisches kubanisches Lebensgefühl gibt es gratis dazu.
Estudiar Español
An meinem ersten Tag in der Sprachschule lernte ich gleich die anderen SprachschülerInnen kennen, von denen die meisten in meinem Alter waren. Mit ihnen verbrachte ich die meiste Zeit meiner Reise. Vormittags hatten wir Spanischunterricht und an den Nachmittagen nutzten wir meistens das Freizeitangebot der Schule. So erkundeten wir unter anderem die Altstadt Havannas, fuhren zu den karibischen Stränden etwas außerhalb der Stadt, probierten uns durch die kreolische Küche in „Paladares“ oder tanzten Salsa mit den einheimischen Tanzlehrern. Am ersten Wochenende fuhren wir nach Viñales, wo uns die atemberaubende Natur von Kuba erwartete, und ein weiteres Wochenende verbrachten wir auf der Südseite der Insel in der Stadt Trinidad. So blieb einerseits genügend Zeit, die Hauptstadt Havanna ausgiebig zu erkunden und andererseits an den Wochenenden aus der Großstadt zu fliehen und die ländlichere Seite von Kuba kennenzulernen.
Los Cubanos
Zu den wichtigsten Charaktereigenschaften der Kubaner gehören Gelassenheit, Nationalstolz und Musikalität – die Kubaner tanzen wirklich immer und überall und wenn man ihnen dabei zusieht, hat man das Gefühl, die Menschen lernen erst tanzen und dann laufen. Und man muss schon eine ordentliche Portion Geduld mitbringen. Dass die Kassiererin noch schnell eine Nachricht auf Facebook verschicken muss und dann einen Artikel nicht einfach scannt, sondern die Produktnummer händisch eingibt, führt dazu, dass „einfach nur schnell mal was einkaufen“ ganz leicht zeitlich ziemlich ausarten kann. Abgesehen davon ist die Wahrscheinlichkeit, dass es das, was man kaufen möchte, gerade nicht gibt, ziemlich hoch. Man gewöhnt sich also sehr schnell daran, dass man viele Dinge nicht bekommt und übt sich dabei in Flexibilität.
Oft hört man, dass die Kubaner vor Lebensfreude nur so sprühen. Das sehe ich seit meiner Reise etwas realistischer. Es fehlt auf der Insel an vielem, was das Leben erheblich vereinfachen könnte: Internet gibt es nur an ausgewählten Wifi-Plätzen, Lebensmittel sind oft sehr schwer zu bekommen und limitiert und dass alles mindestens doppelt so lange dauert, wie es eigentlich müsste, führt dazu, dass die Kubaner in sehr einfachen Verhältnissen leben. Man bekommt den Eindruck, dass sie versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen, mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Der Satz „La vida no es fácil“ (Anm.: Das Leben ist nicht einfach.) beschreibt die Situation dabei sehr gut. Dass die Kubaner aber gastfreundlich, offen und herzlich sind, kann ich definitiv bestätigen. Den vielen Umarmungen und Küsschen kommt man gar nicht aus – typisch kubanisch ein dicker Schmatzer auf die linke Backe (nur so als Info am Rande, um das peinliche „Wie-viele-Küsschen-gibt-man-sich-hier“ zu vermeiden).
El dinero
Ein Urlaub auf Kuba ist nicht wirklich billig. Die Kubaner zahlen in CUP (Pesos cubanos), die Touristen allerdings in CUC (Pesos convertibles). Und weil das eine Währung ausschließlich für Ausländer ist, bekommt man den Eindruck, die Kubaner bilden sich die Preise, wie es ihnen gerade gefällt. So bezahlt man für ein Abendessen umgerechnet zehn Euro, wobei der Einkaufspreis der Lebensmittel vermutlich bei umgerechnet nur ein bis zwei Euro liegt. Obst und Gemüse ist sehr billig und wenn man auf dem Gemüsemarkt einkauft, bekommt man extrem leckeres Obst zu den Preisen, die auch die Einheimischen bezahlen.
Achtung: Hier muss man geschickt handeln, sonst wird man abgezockt – dasselbe gilt fürs Taxifahren!
Bueno saber
Europäische oder amerikanische Marken gibt es nur sehr selten, beziehungsweise kommen diese mit der Öffnung der Grenzen nun erst langsam nach Kuba. Das Gute daran: Auch das kubanische Bier ist durchaus genießbar. Und abgesehen davon gibt es auf Kuba genügend Rum!
Ziemlich wehmütig und mit neuen Sprachkenntnissen, wundervollen Erinnerungen und einigen „lessons learned“ kehrte ich nach drei Wochen wieder zurück in die Zivilisation. Kuba ist definitiv eine Reise wert – und spätestens jetzt, wo die Grenzen nach Amerika offen sind, wird es höchste Zeit, die Insel noch einmal auf sich wirken zu lassen!