Ganz oben im Hohen Norden, weit am Polarkreis vorbei, befindet sich das finnische Lappland. Eine exakt 24-stündige Busreise von Jönköping entfernt.
Während es die meisten meiner Mitstudierenden im Zuge meines Auslandssemesters in Schweden eher in den warmen Süden zog, war für mich von vornherein klar, dass ich nach Skandinavien möchte. Die Kälte schreckte mich wenig ab, angesichts der wundervollen Natur und Mentalität der Einwohner, von der ich wusste, dass sich mich erwarten würde. So scheute ich mich auch nicht davor, Ende Februar ins tief verschneite Lappland zu reisen.
Ein ganzer Tag im Bus
Die wohl größte Herausforderung, in Anbetracht der zweistelligen Minusgrade, war wohl die Busfahrt, die einen ganzen Tag beanspruchte. Ausgangspunkt war Jönköping, ein Ort, der am Südende des Sees Vättern liegt. Von dort aus ging es zuerst quer durch Stockholm, nördlich entlang des bottnischen Meerbusen, bis zur Staatsgrenze zwischen Schweden und Finnland.
Als es bereits das zweite Mal innerhalb eines Tages dunkel wurde, erreichte der Bus endlich den Zielort Levi, ein kleines Skigebiet inmitten der finnischen Taiga. Zur Behausung diente ein geräumiges Chalet, mit einer – wie könnte es in Finnland anders sein – großzügigen Saunalandschaft. Insgesamt drei volle Tage, welche nach eigenem Belieben und unter Berücksichtigung der finanziellen Mittel gestaltet werden konnten, standen uns in Levi zur Verfügung. Jeder einzelne davon war mit Sonnenschein gesegnet. Was wir in der Dunkelheit nicht gesehen und erst bei Tageslicht erblickt hatten, war die Horde Rentiere, die friedlich hinter unserer Hütte graste. Die Freude war groß, dabei repräsentieren Rentiere und Elche lediglich die Nutztiere des Nordens – so wie es in Österreich eben Kühe und Pferde sind.
Von Huskys und Nordlichtern
Der erste Ausflug führte uns noch ein Stück nördlicher zu einer Huskyfarm. Um die hundert Hunde wurden auf dem weitläufigen Gelände gehalten, großgezogen und zu Schlittenhunden ausgebildet. Dass dabei die meisten Huskys nicht dem optischen Klischee entsprechen, ist vielen Leuten gar nicht bewusst. Nach einer kurzen Einführung formierten wir und in Zweiergruppen und wurden dann einem Schlitten mit jeweils vier Hunden zugewiesen. Während der Fahrt waren wir auf uns alleine angewiesen, daher galt es Ruhe zu bewahren und die zuvor erhaltenen Anweisungen genauestens zu befolgen. Der Begriff „Winter Wonderland“ bekam während der etwa halbstündigen Fahrt eine vollkommen neue Bedeutung. Der Schnee wurde dank der bereits tief stehenden Sonne in eine glitzernde Winterlandschaft verwandelt, was in Kombination mit den Hunden eine einzigartige Stimmung kreierte. Die tauben Finger und Zehen konnten wir anschließend an einem Feuer wärmen, bevor uns freie Zeit mit den Huskys zur Verfügung stand. Der krönende Abschluss des Tages brachte dann der Abend mit sich. Kurz nach dem Abendessen waren von draußen plötzlich laute Stimmen zu hören. Sofort ließen wir alles stehen und liegen und begaben uns vor die Tür, wo das Nordlichterspektakel bereits im vollen Gange war. Wir hatten Glück, die Nacht war glasklar und die Farben sehr intensiv. Rund eine Stunde lang beobachteten wir den Tanz der Lichter und versuchten sie so gut wie möglich mit unseren Handys und Kameras einzufangen. Die Kälte wurde dabei zur Nebensache.
Jeder Tag ein Abenteuer
Am zweiten Tag machte sich ein Teil der Gruppe auf, um in Norwegen im arktischen Ozean zu baden. Da mir das schließlich doch zu kalt war, passte ich und sah mir Levi etwas näher an. Abends bestieg ich den Hausberg entlang der Skipiste und sah zu, wie das endlose Weite von der Sonne in rosafarbenes Licht getaucht wurde. Ein weiterer schöner Tag neigte sich dem Ende zu. Der dritte und somit letzte Tag bot für den Nachmittag und Abend wieder reichlich Programm. Zuvor nutzte ich den freien Vormittag für eine Wanderung, welche über einen vollständig gefrorenen See führte. Der Aufstieg war durch den Schnee sehr anstrengend und minus 16 Grad Außentemperatur haben sich noch nie so warm angefühlt. Nachmittags fuhren wir zu einer Rentierfarm, wo uns wieder die Möglichkeit geboten wurde, an einer Rentierschlittenfahrt teilzunehmen. Anschließend durften wir die abendliche Fütterung durchführen und lernten noch einige Hardfacts aus dem Leben der Paarhufer. In der Nacht war die eigentliche „Aurora-Hunt“ geplante, welche leider wesentlich unspektakulärer ausfiel, als jene, die wir zwei Tage zuvor beobachten konnten. Das Thermometer zeigte dabei -27 Grad an. Neuer Höchstwert. Dennoch war ich dankbar, ein weiteres Mal dieses faszinierende Naturspektakel hautnah miterleben zu dürfen.
Am vierten Tag galt es wieder abzureisen. Auf dem Heimweg machten wir noch einen Zwischenstopp in Rovaniemi, die Heimat des Weihnachtsmannes. Das hätten wir uns meiner Meinung nach genauso gut sparen können, da das gesamte Dorf, wie bereits erwartet, stark auf Touristen ausgelegt war. Die Busfahrt verging wie im Flug und müde, erschöpft, aber glücklich kehrten wir nach 24-Stunden wieder in den Unialltag zurück.
Finnisches Lappland – auf jeden Fall eine Reise wert!