d‘ Füaß hond üs weh tau. Weh tau, weh tau, weeh tau – d‘ Füaß hond üs weh tau!
Najo, ezt übertrieb amol ned!“, denken sich jetzt wahrscheinlich einige. Ich sag nur: 65 Kilometer, durchschnittlich sieben Stunden Wandern pro Tag, zwei Nächte auf hartem Boden. Das klingt wiederum vielleicht wie eine Tortur, was es ganz und gar nicht war (davon ausgenommen sind unsere Füße). Die Drei-Tages-Trekkingtour war eines der, wenn nicht sogar DAS, Highlight(s) von Myanmar. Anstrengend, kräfteraubend sowie herausfordernd. Aber auch abenteuerlich, wunderschön und unvergesslich.
Wir starteten am Montagmorgen nach einer letzten warmen Dusche, gut ausgeschlafen und mit unseren Siebensachen auf dem Rücken. Der Treffpunkt für alle TeilnehmerInnen war glücklicherweise direkt bei unserer Unterkunft, dort wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt. Angelika, Lena und ich bildeten mit einem portugiesischen Pärchen, Leonor und Manuel, ein Fünfer-Team unter der „Aufsicht“ unserer Wanderführerin Mary. Zu Beginn ging der Weg an der Straße entlang, bald darauf bogen wir ab und liefen durch Reisfelder. Mary erzählte uns ab und zu Interessantes über die Region, die Arbeit der Menschen in der Landwirtschaft und ein paar Besonderheiten der Gegend. Wir lernten uns gegenseitig alle etwas besser kennen und verstanden uns schon gleich ziemlich gut. Auch unser Guide lockerte mit ihren gelegentlichen Witzen und trockenen Aussagen die Stimmung auf.
Übrigens, hinter unserem Gruppenname (ja natürlich brauchten wir einen Namen!) „Mary’s Miaaaaw“ steckt auch eine kurze Story: Mary hat Angst vor Affen und da wir sie immer damit aufzogen, hat sie uns kurzerhand ihre „Miaaaw“ (= Affen auf burmesisch) genannt.
Bei einem kleinen See machten wir eine Pause, wobei Manuel gemeinsam mit drei Jungs, die im Schatten Gitarre spielten und sangen, versuchte ein paar Lieder auf seiner Ukulele zu spielen. Nach weiteren Kilometern in einer wunderschönen grünen Landschaft kamen wir bei unserem Platz fürs Mittagessen an – und wow, das war ein Traum! Wir genossen Guacamole mit Chips, indisches Essen und Früchte in unserem kleinen Hüttchen im „Skyview Restaurant“. Mit vollen Bäuchen und unserem nächsten Stopp im Blick machten wir uns wieder auf den Weg. Wir kamen an einem kleinen Dorf vorbei, wo ich mich zuerst 100 Jahre zurückversetzt fühlte, wir dann jedoch sogar sonnenenergiebetriebene Straßenlaternen fanden! Wir konnten kurz einen Blick in die Klassenräume der Schule werfen, uns von den Kids neugierig bestaunen lassen und eine Frau zeigte uns die Verarbeitung ihres Grüntees. Unser Guide Mary erklärte uns immer viel über die Lebensgewohnheiten der Menschen, über die Herstellung verschiedener Dinge und zeigte uns verschiedene Pflanzen.
Irgendwann liefen wir nicht mehr auf einem Weg, unsere Füße balancierten über Bahngleise und wir liefen Meter um Meter, manchmal neben den Gleisen, dazwischen, in der Wiese – und uns begegneten viele Kinder, auf ihrem Weg von der Schule nachhause. Immer wieder drehte ich mich um, weil ich meinte, einen sich nähernden Zug gehört zu haben – aber (Gott sei Dank) Fehlanzeige! „Der Zug würde hier nur um 16 Uhr vorbeikommen und wir hätten ja noch eine halbe Stunde“, war die Aussage von Mary. Kurz darauf erreichten wir einen Bahnhof, wo wir eine letzte (Tee-)Pause einlegten und auch auf die andere Trekkinggruppe trafen. Nachdem auch die Anstrengungen des letzten Stücks geschafft waren, erreichten wir noch vor Sonnenuntergang unsere Unterkunft bei einer einheimischen Familie. 22 Kilometer lagen hinter uns. Fix und fertig saßen wir auf Plastikstühlen vor dem Haus, genossen die letzten Sonnenstrahlen, gönnten uns eine eiskalte Kübeldusche mit offenem Dach und konnten übrigens endlich aus unseren Schuhen steigen!
Bald schon bekamen wir ein leckeres Abendessen serviert (wobei ich schon gleich wieder mal meine Suppe verschüttete) und wir aßen hungrig die leckeren burmesischen Spezialitäten. Wir fühlten uns etwas alt, als wir schon um halb acht Uhr abends gegen die Müdigkeit ankämpfen mussten, aber zum Glück ging es uns allen so. Wir bezogen unser Schlaflager mit fünf Matten und vielen Decken, die schlussendlich auch gebraucht wurden. Es war sehr gemütlich, wir unterhielten uns noch, bis auf einmal ein sehr komischer Laut ertönte… es klang wie ein grunzendes Schwein! Daraufhin diskutierten wir, ob es vielleicht Mary war (und sie schnarchte), doch inmitten unserer Argumente ertönte von nebenan eine Stimme: „It’s not me!“. Schock, Erstaunen und ein Lachanfall folgten. Und immer wieder mussten wir lachen, wenn wir das Schwein hörten. Irgendwann war es dann aber nicht mehr so lustig, denn am nächsten Morgen bestätigte sich das, was wir schon vermutet hatten – das Schwein würde leider niemals mehr grunzen, einer Hochzeit sei Dank…
Am Morgen schälten wir uns um kurz nach sieben Uhr aus den Decken, wobei meine Füße am liebsten noch liegen geblieben wären. Es war noch ziemlich kalt, in der Luft waren unsere Atemwölkchen zu sehen und die Pullis wurden gebraucht – aber heißer Tee, Kaffee und Pfannkuchen mit Früchten halfen uns schnell warm und wach zu werden.
Nachdem wir losgelaufen waren, wurde es in der Sonne sehr schnell heiß. Bei einem Haus an einer Straße mussten wir nach einer Stunde auf ein paar weitere Leute warten, die zu unserer Gruppe stoßen würden: Nicole (Schweiz), Monika und Flo (Deutschland), Martina und Marco (Italien) – sie machten das „zwei Tage/eine Nacht Trekking“. Zuerst ging es etwas langsamer weiter, na klar, die Neuen konnten ja nicht so gut sein wie wir ;-), bis wir im Chilli-Dorf eine Pause machten. Der Name kommt nicht von irgendwo her, denn überall wohin man blickte, konnte man Planen und riesige Flächen sehen, die mit den hellroten Schoten über und über bedeckt waren.
Hier kaufte ich auch drei handgewobene Schals als Geschenke. Weiter liefen wir, vorbei an Chilli-Feldern und Blumenwiesen, bis es Zeit für eine Mittagspause wurde. Es war wieder sehr lecker und viel – Fried Noodles, Guacamole und Melonen sättigten uns allemal. Anschließend konnten wir unsere weitere Route selbst wählen und wir wählten natürlich die längste, um auch an einem Fluss vorbeizukommen. Dort saßen wir dann, sahen einem Bauern beim friedlichen Waschen seiner Büffel zu und aßen unsere selbstgepflückte Guava. Weiter ging’s durch wunderschöne Felder und Plantagen, alles war ins goldene Abendlicht getaucht, da wir etwas später dran waren. Quasi gemeinsam mit den Arbeitern kehrten wir ins Dorf zurück, halfen beim Bergaufschieben des Ochsenwagens und quälten dann unsere müden Füße die letzten Minuten zum Homestay hin. Es gab wieder eine kurze kalte Dusche aus dem Kübel, diesmal erschwerte uns aber die Dunkelheit und die nur sehr niedrige Mauer das Waschen.
Sauber, müde und hungrig setzten wir uns an den voll gedeckten Tisch, den insgesamt sicher zehn verschiedene Gerichte deckten. Nach diesem Festmahl zeigte uns Mary noch, wie man den traditionellen burmesischen Rock für Männer und Frauen trägt, beantwortete all unsere Fragen zur Kultur und Tradition und teilte viel über ihr Land mit uns. Glücklich, satt und mit neuen Eindrücken fielen wir ins Bett, damit unsere Füße sich vom 27-Kilometer-Marsch erholen konnten.
Eher schlecht ging es mir am nächsten Morgen, mein Bauch, mein Rücken und meine Füße schmerzten ziemlich. Deshalb hieß es nach dem letzten Frühstück alle Blasen verarzten und abkleben, so gut es halt ging. Obwohl es heute nur noch 15 Kilometer waren, kam es uns allen (vor allem uns fünf Miaaaaws) viel länger vor. Es schien, als ob meine Beine einfach ohne mich laufen würden, als ob sie nichts anderes kennen und einfach gehen, gehen, gehen würden. Wir liefen vorbei an kleinen Dörfern, Schulen mit Kindern in ihren Schuluniformen, wunderschönen Feldern mit Blumen sowie Landschaften in unterschiedlichsten Farben. Auf einmal konnten wir sogar schon unser Endziel entdecken, zwar noch weit entfernt, aber trotzdem – der Inle Lake war in Sicht!
Es folgte eine kurze Pause, Tee und sogar Snickers gab’s, dann gingen wir auch schon weiter. Und nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir dann endlich am Ziel – alle ziemlich fertig! Nach einem letzten gemeinsamen Mittagessen mussten wir uns von Mary verabschieden, wir fünf von der Dreitagestour stiegen zusammen in ein Boot, das uns über den See nach Nyaungshwe bringen sollte. Die Fahrt dauerte ungefähr eine Stunde, es war wunderbar zu sitzen und einfach die Aussicht zu genießen, doch bald schon bemerkten Angelika und ich, wie es anfing nass zu werden. Tja, da wir beide hinten saßen, bekamen wir das ganze Wasser ab und wurden klatschnass, während die anderen nicht mal etwas davon mitbekamen! Nun ja, zum Schluss wurden wir alle nass, denn als wir gerade ausstiegen, fing es an zu regnen … was für ein toller Abschluss!
Beim Hostel Ostello Bello trennten wir uns, Leonor und Manuel hatten woanders was gebucht und wir verabredeten uns zum Dinner. Zuerst aber warteten eine heiße Dusche, ein bequemes Bett, frische Kleidung und viele Blasenpflaster auf uns. Auch unsere ganz netten Mitbewohner aus den Niederlanden, Amerika und Frankreich lernten wir kennen. Um halb 7 Uhr trafen wir uns auf ein indisches Essen im Dosa King und hatten einen sehr netten Abend. Nachdem wir zufällig nochmal Wiebe getroffen und uns mit ihm unterhalten hatten, ging’s für uns alle freiwillig sehr früh ins feine, warme Bett.
Damit gingen drei sehr anstrengende und herausfordernde Tage zu Ende, die schöner und unvergesslicher nicht hätten sein können. Durch dieses Trekking, das – by the way – nur 21 Euro inkl. allem gekostet hat, konnte ich wieder ganz neue Eindrücke von diesem unglaublichen Land sammeln. Danke auch an unsere tolle Gruppe, ihr habt dieses Erlebnis so speziell gemacht!